Folge mir in die SySt®Praxis – mit Bernd und der Herkunftsfamilie

Inhaltliche Kurzübersicht: Die Vorprozessarbeit zur Strukturaufstellung hilft Bernd, sich mit seiner Rolle in der Familie und im Betrieb auseinanderzusetzen. Er erkennt unbewusste Konflikte, die mit seiner Berufsentscheidung, familiären Erwartungen und Loyalitätsgefühlen zusammenhängen. In der Familienstrukturaufstellung werden für Bernd zentrale Einflüsse sichtbar, Blockaden gelöst und neue Perspektiven eröffnet. Durch den Prozess gewinnt er mehr Klarheit über seinen Platz in der Familie und seinen Umgang mit beruflichen und persönlichen Themen.

Herzlich willkommen – schön, dass du wieder hier bist!


Im letzten Blogbeitrag ging es um die Paarberatung von Anja und Bernd mit SySt®-Elementen (siehe hier: Link).
Heute kannst du bei Bernds Familienstrukturaufstellung in der Gruppe dabei sein.


Vorab ein wichtiger Hinweis:
Die Namen von Personen sowie die dargestellten Situationen und Begebenheiten sind so gewählt, dass sie die Abläufen in der SySt®-Praxis realitätsnah widerspiegeln, ohne jedoch Rückschlüsse auf reale Personen oder Geschehnisse zu ermöglichen. Ähnlichkeiten mit tatsächlichen Personen oder Ereignissen sind daher rein zufällig.

Zur Erinnerung – die Vorgeschichte


Bernd leitet seit einem Jahr das Familienunternehmen, einen traditionsreichen Gasthof in dritter Generation. Der Betrieb wurde von seinen Großeltern gegründet und von seinen Eltern weiter ausgebaut. Nach dem gesundheitlichen Rückzug seines Vaters übernahm Bernd die Leitung. Bernds Mutter, seine Frau Anja und sein älterer Bruder, der aufgrund eines Unfalls eingeschränkt ist, helfen im Betrieb.

Bernd fühlt sich stark belastet und ist oft unsicher, ob er den richtigen Weg geht. Die familiären Erwartungen setzen ihm zu, und es gibt Konflikte mit Anja, die zuletzt Gegenstand einer Paarberatung mit SySt®-Elementen waren. Die Beratung brachte positive Veränderungen für das Paar – und sie führte unter anderem dazu, dass Bernd sich intensiver mit seiner Herkunftsfamilie auseinandersetzen möchte. Eine Familienstrukturaufstellung in der Gruppe erscheint ihm dafür als geeigneter Weg.

Die Vorprozessarbeit und das Vorgespräch

 

Ein bis zwei Wochen vor der Gruppenaufstellung führe ich mit Bernd – wie mit jeder Person, die ein Anliegen aufstellen möchte – ein ausführliches Gespräch zum Thema. Dabei klären wir die Ausgangssituation, formulieren Ziele und entwickeln erste Lösungsschritte. Wichtige Einflussfaktoren fließen mit ein, sodass ein „roter Faden“ für die Strukturaufstellung entsteht.

 

Da dieser vorbereitende Ablauf weit über ein gewöhnliches Gespräch hinausgeht und wichtige Entwicklungsimpulse setzt, nenne ich ihn Vorprozessarbeit.

 

Am Aufstellungstag findet ein weiteres persönliches Vorgespräch abseits der Gruppe statt. Wir greifen das Anliegen erneut auf, passen die Ziele an und bestimmen die relevanten Aufstellungselemente.

 

Die anschließende Strukturaufstellung erfolgt meist inhaltlich verdeckt, sodass die Gruppe wenig bis gar nichts über den Inhalt der Aufstellung erfährt.

 

Bernds Thema:

 

In der Vorprozessarbeit wird Bernd bewusst, was ihn unterschwellig schon lange beschäftigt, er aber nie auszusprechen wagte: Er fühlt sich in den Beruf des Gastwirts und in die Übernahme des Familienbetriebs hineingedrängt. Dabei übt er seine Tätigkeit mit Freude und Erfolg aus und möchte die lehrreiche Ausbildung im In- und Ausland nicht missen.

 

Außerdem fühlt er sich dem Familienbetrieb verpflichtet. Seine Großeltern flohen einst nach Österreich und bauten hier mühsam eine kleine Gaststätte auf, die seine Eltern später zu einem erfolgreichen Unternehmen machten. Bernd ist ihnen dankbar, hadert aber mit dem Gefühl, keine Wahl gehabt zu haben, weil sein älterer Bruder als Nachfolger ausfiel. Er glaubt, dass er sich nicht anders entscheiden hätte können, ohne die Familie zu enttäuschen.

 

Gleichzeitig fragt sich Bernd: Was wäre geschehen, wenn er seinen ursprünglichen Berufswunsch verwirklicht hätte und Biologielehrer geworden wäre? Er ist überzeugt, dass ihn dann Schuldgefühle gegenüber seiner Familie und seinem Bruder begleitet hätten.

 

Im Gespräch erwähnt Bernd weiters, dass das erste Kind seiner Eltern, ein Mädchen, kurz nach der Geburt starb.

 

Bernds Ziel:

 

Bernd will seine Herkunftsfamilie aufstellen, um „seinen Platz“ im Familiensystem zu finden und mit mehr Leichtigkeit im Familienunternehmen zu wirken. Weiters möchte er sich innerlich von seinem nicht gewählten Berufsweg lösen, um freier und energiegeladener im Gastbetrieb zu arbeiten.

Grundordnungen der Aufstellungsarbeit und Prinzipien der SySt®


Bevor Bernds Familienstrukturaufstellung beginnt, werfen wir einen kurzen Blick auf einige historisch bedeutsame Elemente dieser Methode – so lässt sich ihr Hintergrund besser verstehen:

  • Aus der kontextuellen Therapie von Böszörményi-Nagy – eine der wesentlichsten Grundlagen der Aufstellungsarbeit – leitete einst Bert Hellinger vier Grundordnungen für Familienaufstellungen ab, allerdings ohne auf diese wichtige Quelle zu verweisen.

  • Später passte Gunthard Weber die vier Grundordnungen an die Gegebenheiten im Organisationsbereich an und entwickelte daraus die Organisationsaufstellungen.

    Anmerkung: In der „Potsdamer Erklärung zur Systemischen Aufstellungsarbeit“ distanzierten sich 2004 viele Fachleute, darunter Sparrer, Varga von Kibéd und Weber, von Hellingers ideologisch gefärbten und autoritären Arbeitsweise.

  • Die vier Grundordnungen für Familien- und Organisationsaufstellungen formulierte Matthias Varga von Kibéd auf einer systemisch-konstruktivistischer Basis zu Prinzipien um, und er ergänzte die Prinzipien durch weitere grundlegende Annahmen.

  • Auf dieser Basis dienen die Prinzipien in den SySt® der Regelung von Zugehörigkeit, Reihenfolge, Energiefluss, Leistung und Fähigkeiten in Personensystemen.

  • Ein Prinzip wird in den SySt® nicht als feste Regel verstanden, sondern kurativ aufgefasst – das heißt als eine Herangehensweise, die sich im erweiterten Sinn „heilsam“ auf das individuelle Erleben und Tun sowie auf das Miteinander im System auswirkt.

  • Dabei arbeiten wir in den SySt® heuristisch – das heißt, wir gehen von einer vorläufigen, „erkundenden“ Annahme aus – nach dem Grundsatz: Angenommen, dieses Prinzip hätte Gültigkeit wäre das hilfreich für dich? Falls ja: Probiere aus, was sich dadurch für dich und andere verändert. Falls nein: Lass uns gemeinsam weiter nach einer passenderen Möglichkeit suchen.

  • In den SySt® wird nicht nach Ursachen oder linear-kausalen Zusammenhängen geforscht. Die Arbeit mit den Prinzipien führt daher nicht zu Schlüssen wie: Weil das damals passiert ist, hast du heute dieses Problem.
Leitgedanken und Hypothesen für Bernds Familienstrukturaufstellung

 

Eine detaillierte Analyse der genannten Prinzipien würde den Rahmen dieses Textes sprengen und dich vermutlich eher verwirren als weiterbringen. Deshalb konzentriere ich mich hier auf einige zentrale Aspekte, die sich in Bernds Anliegen zeigen – selbstverständlich heuristisch betrachtet und mit Bezug zur kontextuellen Therapie nach Böszörményi-Nagy. So bekommst du einen ersten Einblick in die Leitgedanken einer Familienstrukturaufstellung:

 

 

  • Das Prinzip der Zugehörigkeit ist essenziell: Alle Familienmitglieder haben das gleiche Recht darauf. Wird das Zugehörigkeitsprinzip verletzt – etwa durch den frühen Tod eines Angehörigen –, kann das mitunter generationenübergreifende Auswirkungen haben, auch wenn niemand Schuld daran trägt. 

  • In Familien gibt es eine systemtheoretisch begründete Reihung der Mitglieder nach Geburt oder Eintritt ins System – allerdings ohne Wertung. Gerät diese „Ordnung“ durcheinander, kann das zu Missverständnissen, Konflikten oder Blockaden führen.

  • Gründer und Gründerinnen eines Unternehmens nehmen eine besondere Stellung ein, besonders in Familienunternehmen.

  • Ethnische Herkunft und Herkunftsländer können das Zugehörigkeitsgefühl – und damit auch das Verhalten und die Entscheidungen von Menschen, die in einem anderen Land leben – über lange Zeit hinweg beeinflussen, oft unbewusst.

  • Einschneidende Erlebnisse, wie Kriegs- und Fluchterfahrungen, prägen nicht nur die Betroffenen selbst, sondern auch deren Nachkommen, was im Leben dieser Menschen zu Problemen führen kann.

  • Loyalität – ein Begriff aus der Familienforschung von Böszörményi-Nagy – ist eine stark bindende Kraft in Familien, die oft unterschwellig Denken, Fühlen und Handeln beeinflusst. So scheint es manchmal, als ob sich Menschen unbewusst Erfolg oder Zufriedenheit verwehren würden, wenn es Nahestehenden schlecht geht – und als ob das eine Form der Verbundenheit durch Leid wäre und damit ein Ausgleichsversuch für das eigene Wohlergehen.

Du ahnst jetzt sicher, welche Hypothesen meine Arbeit mit Bernd leiten. Diese sind:

  • Nach dem Zugehörigkeitsprinzip wäre es sinnvoll, die verstorbene Schwester als Erstgeborene im Strukturaufstellungsprozess sichtbar zu machen. Bernd wäre dann das dritte, nicht das zweite Kind – eine Veränderung, die seine Wahrnehmung „seines Platzes“ in der Familie beeinflussen kann.

  • Da sein Bruder den Betrieb nach dem Unfall nicht wie vorgesehen führen konnte, fühlte sich Bernd verpflichtet, seine Rolle zu übernehmen. Trotz Freude an der Arbeit belastet ihn das irrationale Gefühl, seinem Bruder „etwas genommen“ zu haben. Außerdem scheint er sich unbewusst aus Loyalität zu dessen schwerem Schicksal in seiner eigenen Leichtigkeit zu blockieren. Die Familienstrukturaufstellung kann ihm helfen, Klarheit zu gewinnen und diese hinderliche Loyalität in eine unterstützende Kraft zu transformieren.

  • Bernds heutiges Erleben könnte durch die Geschichte der väterlichen Großeltern geprägt sein. Daher sollten in der Familienstrukturaufstellung neben den Großeltern auch ihr Herkunftsland und der Familienbetrieb symbolisch vertreten sein.

  • Bernd trauert dem unerfüllten Wunsch, Biologielehrer zu werden, immer noch nach. Im Aufstellungsgeschehen könnte er sich vom Nichtgewählten verabschieden, um blockierte Energie freizusetzen und ins Neue zu lenken. Dieser Prozess, der offenbar im Alltag nicht ausreichend stattgefunden hat, kann in der SySt® nachgeholt oder vervollständigt werden.

Nun sind Hypothesen generell keine Wahrheiten, sondern unbewiesene Annahmen, die auf der individuellen Realitätskonstruktion der Person basieren, die sie aufstellt – in diesem Fall auf meinen Ableitungen aus dem heuristischen Prinzipienverständnis. Daher werden Hypothesen im SySt®-Verfahren stets auf ihre Stimmigkeit bei den Klientinnen und Klienten überprüft.

Du wirst sehen, dass meine Hypothesen eine hilfreiche Grundlage für Leitung der SySt® waren, aber nicht immer bestätigt wurden.

Vorgespräch mit Bernd am Aufstellungstag und Bestimmung der Elemente

 

Vor Beginn der Strukturaufstellung in der Gruppe spreche ich noch einmal in einem Extraraum mit Bernd, um Entwicklungen in seinem Anliegen zu erfragen und zu berücksichtigen.

 

Beim Geschwisterthema erwähnt Bernhard heute nebenbei, dass er vorgeburtlich einen Zwilling hatte, der in den ersten Monaten abging. Da er das aber als nicht relevant für sein Anliegen betrachtet, möchte er den ungeborenen Zwilling in der Familienstrukturaufstellung nicht repräsentieren lassen.

 

Das Ziel der Familienstrukturaufstellung bleibt unverändert, und am „roten Faden“ nehmen wir noch kleine Anpassungen vor. Dann legen wir gemeinsam die Elemente fest, die durch Repräsentantinnen und Repräsentanten dargestellt werden. Ich notiere sie in der Gruppe auf einem Flipchart:

 

Der Verlauf von Bernds Familienstrukturaufstellung

 

  • Grundsätzlich wird in den SySt® die symbolische Darstellung der anliegenbringenden Person – aktuell von Bernd – als Fokus bezeichnet. Damit wird verdeutlicht, dass Bernd in dieser SySt® auf sein konkretes Anliegen fokussiert ist – und nicht in all seinen Lebensbereichen dargestellt wird.

 

  • Zu Beginn wählt Bernd seinen Fokus sowie Repräsentantinnen und Repräsentanten aus der Gruppe der Teilnehmenden. Einige bleiben als „gewählte Repräsentierende“ sitzen. Sie werden zu ihrer repräsentierenden Wahrnehmung befragt, stehen aber nicht sofort im Mittelpunkt. Ihre „Wahrnehmung am Rande“ hilft Bernd, die Reaktionen von nicht unmittelbar involvierten Elementen zu erfassen, und sie gibt mir Orientierung für die Richtung der SySt®.

 

  • Unter meiner Anleitung stellt Bernd zunächst die für sein Anliegen besonders relevanten Elemente auf. Das bedeutet aber nicht, dass die anderen unwichtig sind, sondern dass eine priorisierte, mehrschichtige Darstellung erfolgt. Würden etwa das Unternehmen, die mütterlichen Großeltern und der Berufswunsch sofort ins Bild einbezogen, könnte sich der Fokus auf andere Themen verschieben, die nicht dem heutigen Auftrag entsprechen. Bei Bedarf kann ich diese Elemente aber jederzeit in den Prozess einbinden.

 

  • Die Repräsentierenden wissen zwar, für wen oder was sie stehen, aber nicht, welche Inhalte damit verbunden sind. Ich befrage sie auch nicht zu Inhalten, sondern zu Unterschieden in ihrer Körperwahrnehmung. Darauf aufbauend leite ich Interventionen ein – vor allem Umstellungen, Prozessarbeit und Tests, die Verbesserungen in den repräsentierenden Wahrnehmungen und im Systemgefüge anstoßen sollen. Dabei bleibe ich mit Bernd in Kontakt, damit er den Anschluss an sein Bild nicht verliert. Er muss nicht alles verstehen, denn es geht nicht um Fakten oder Wahrheiten, sondern darum, dass er den Prozess folgen kann und ihn als stimmig empfindet.

 

  • Im ersten Bild zeigen sich Unruhe und Nervosität beim Fokus, verstärkt durch die starke emotionale Bindung der väterlichen Großeltern ans Unternehmen. Viel Energie fließt dorthin. Ich bitte das Unternehmen, aufzustehen und sich am Rand zu positionieren. Hier fühlt es sich gestärkt und „umfasst das Geschehen wie eine Klammer“. Daraufhin kehrt mehr Ruhe bei und zwischen den Repräsentierenden ein, und der Fokus kann sich auf die familiären Beziehungen konzentrieren. Auch dort gibt es Spannungen, die sich durch gezielte Interventionen allmählich lösen – spürbar als Aufatmen im symbolisierten Familiensystem.

 

  • Besonders stärkend für den Fokus sind Prozesse, die die anfänglich wahrgenommene Konfrontation mit dem Vater auflösen und eine ressourcenvolle Verbindung zu ihm und dem Großvater entstehen lassen – was auch seinen Bezug zum Unternehmen positiv verändert. Zur Intensivierung nehme ich nach Rücksprache mit Bernd das Herkunftsland der väterlichen Großeltern hinzu, das bisher nicht repräsentiert war. Ich lasse es hinter Großvater, Vater und Fokus platzieren, was sofort spürbar Kraft und Energie freisetzt – auch für die väterliche Großmutter.

 

  • Erst jetzt kann sich der Fokus seinen Geschwistern zuwenden, zu denen er bisher kaum Bezug hatte. Die Einbeziehung der früh verstorbenen Schwester wirkt emotional stärkend – es fließen Tränen beim Fokus, bei einigen Repräsentierenden und bei Bernd.

 

  • Die Klärung der Beziehung zum Bruder dauert, da etwas Rätselhaftes zwischen den beiden zu stehen scheint. Ohne zu wissen, worum es geht, stelle ich eine Repräsentantin dafür auf und nenne sie „Das, worum es dabei auch noch geht“. Dadurch wird ein offenbar wichtiger Aspekt sichtbar, und die Beziehung der Brüder entspannt sich merklich. Danach kann „Das, worum es dabei auch noch geht“ die Aufstellung wieder verlassen.

 

  • Nun kommt der Repräsentant für den Berufswunsch ins Bild. Zuvor hatte er sich gekränkt und ausgeschlossen gefühlt, doch durch die vorige Intervention ist er nun sehr präsent. In der Arbeit mit dem Fokus zeigt sich, dass kein Abschied nötig ist, sondern eine neue Integration des Berufswunsches – ein für Bernd stimmiger und interessanter Impuls, aber noch ohne konkrete Idee dazu.

 

  • Die mütterlichen Großeltern werden jetzt hinzugestellt, um das Bild zu vervollständigen, ich gehe jedoch heute nicht näher auf diese familiäre Linie ein. Sollte Bernd dazu einmal ein Anliegen haben, kann das in einem späteren Rahmen bearbeitet werden.

 

  • Ich bitte den Fokus, sich so zu positionieren, dass er sowohl das Unternehmen als auch den veränderten Berufswunsch gut im Blick hat. Er steht dabei als Dritter in der Geschwisterreihe, mit Eltern, Großeltern und Herkunftsland dahinter. So entsteht eine ressourcenreiche Konstellation.

 

  • In dem Moment, als ich Bernd ins Bild holen will – der Anliegenbringer stellt sich am Ende in einem angeleiteten Prozess selbst dazu –, entsteht plötzlich wieder Unruhe. Der Fokus äußert, dass an seiner linken Seite „jemand fehlt“. Meine Hypothese: der Zwilling. Ohne den Gedanken auszusprechen, stelle ich testweise eine neu gewählte Repräsentantin für „Das, was dazugehört“ neben den Fokus. Sofort kehrt Entspannung ein – für alle, auch für Bernd draußen. Daher bleibt diese Repräsentantin ohne weitere Intervention an ihrem Platz. Das Bild wirkt offensichtlich auf unterschwelliger Ebene.

 

  • Bernd tritt jetzt ins Abschlussbild, er nimmt es symbolisch in sich auf, tritt aus der Aufstellung heraus und entlässt mit einem „Danke“ die Repräsentierenden, die sich unter meiner Anleitung gut entrollen.
Nachgespräch mit Bernd zur Familienstrukturaufstellung

 

Bernds Familienstrukturaufstellung zeigt, dass wir mit Repräsentierenden effektiv arbeiten können, ohne dass sie seine Geschichte oder sein Anliegen kennen – und dass abstrakte Elemente individuell wirken, ohne deren Bedeutung zu verstehen. So musste Bernd weder Inhalte preisgeben noch alles rational erfassen, was es ihm erleichterte, sich auf die repräsentierende Wahrnehmung einzulassen.

 

Im Nachgespräch berichtet Bernd, dass es geschäftlich zwar weiterhin herausfordernd ist, sich familiär aber vieles positiv entwickelt – mit ersten Auswirkungen auf das Berufliche.

 

  • Bernd war überrascht, seine „verkrampfte“ Beziehung zum Vater so realitätsnah von außen zu erkennen und mit den Repräsentierenden neue Wege im Umgang damit zu entdecken. Erste kleine Erfolge im Alltag gibt es schon, sie sind ihm besonders wichtig, da sein Vater schwer krank ist. Laut Bernd hat sich ihre Gesprächsbasis verbessert, obwohl der Vater nichts von der Aufstellung weiß – vermutlich spürt er unbewusst Bernds veränderte Haltung.

  • Die Einbindung der väterlichen Großeltern als Gründungspaar und deren Herkunft beeinflusste Bernds Bild vom Familienunternehmen stärker, als er erwartet hatte. Gemeinsam mit dem Vater entschied er, Nationalgerichte aus der großelterlichen Heimat im Gasthof stärker hervorzuheben.

  • Besonders beeindruckt ist Bernd vom abstrakten Element „Das, worum es dabei auch noch geht“. Er sieht darin den Unfall seines Bruders, der ihn lange grundlos mit Schuldgefühlen belastet und den klaren Blick auf den Bruder verstellt hatte. Die Erleichterung war groß, als dieser Aspekt – für ihn der Unfall – aus dem Bild verschwand.

  • Zum Element „Das, was dazugehört“ meint Bernd zu meiner Überraschung: „Danke, dass du Anja im Schlussbild an meine Seite gestellt hast! Sie ist stark ins Familiengeschehen eingebunden – und ich habe gespürt, wie sehr ich sie an meiner Seite brauche!“ Diese Aussage bestätigt, dass im Aufstellungsprozess keinesfalls Deutungen aufgedrängt werden dürfen. Es war also gut, meinen Gedanken zum Zwilling nicht zu äußern, damit Bernd seine eigene Interpretation finden und das Bild auf ihn individuell wirken konnte.

  • Ein weiteres, etwas späteres Ergebnis der SySt® war Bernds Idee, mit Anja Kräuterlehrspaziergänge und Kochworkshops für Schulkinder anzubieten. So kann er den „Biologielehrer“ kreativ mit dem Gastwirtberuf verbinden, statt ihn zu verabschieden.

  • Dank Anja erreicht Bernd mit diesem Vorhaben auch Kinder mit körperlichen und geistigen Handicaps – und findet darüber einen neuen Zugang zu seinem Bruder, der sich freut, in diese Arbeit mit Kindern eingebunden zu sein.

  • Anja war begeistert von der Idee – das hat die neue Energie in ihrer Beziehung, die Bernd seit der SySt®-Paarberatung spürt, weiter gestärkt. 
  •  

Nächstes Mal ist Anja dran

 

Für diesmal sind wir am Ende angelangt – ich hoffe, Bernds Familienstrukturaufstellung hat dir einen spannenden Einblick in die vielseitige SySt®-Arbeitsweise gegeben!

 

Beim nächsten Mal kannst du Anjas SySt® zur Patchworkfamilie erleben. Bis bald!

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Literatur-/Quellenhinweise:

 

Boszormenyi-Nagy Ivan & Geraldine M. Spark:

  • Unsichtbare Bindungen. Die Dynamik familiärer Systeme. Stuttgart (Klett-Cotta).

 

Hellinger Bert:

 

  • Ordnungen der Liebe. Ein Kursbuch von Bert Hellinger. München (Knaur).

 

Sparrer Insa:

 

  • Wunder, Lösung und System. Lösungsfokussierte Systemische Strukturaufstellung für Therapie und Organisationsberatung. Heidelberg (Carl Auer). 
  • Systemische Strukturaufstellung. Theorie und Praxis. Heidelberg (Carl Auer).
  • Einführung in Lösungsfokussierung und Systemische Strukturaufstellungen. Heidelberg (Carl Auer). 


Insa Sparrer Insa & Matthias Varga von Kibéd:

  • Klare Sicht im Blindflug. Schriften zur Systemischen Strukturaufstellung. Heidelberg (Carl Auer). 

 

Ludewig Kurt:

 

  • Einführung in die theoretischen Grundlagen der systemischen Therapie. Heidelberg (Carl-Auer).

 

Vorhemus Ursula:

 

  • Systemische Strukturaufstellungen (SySt®): Systemisch – Konstruktivistisch – Phänomenologisch. Aachen (Ferrarimedia).
  • Systemische Strukturaufstellungen (SySt®): Hypnosystemisch – Lösungsfokussiert. Aachen (Ferrarimedia).
  • Systemische Strukturaufstellungen (SySt®): Transverbal – Grammatisch. Aachen (Ferrarimedia).

 

Weber Gunthard:

  • Praxis der Organisationsaufstellung – Grundlagen, Prinzipien, Anwendungsbereiche. Heidelberg (Car-Auer).
  • Zweierlei Glück: Das Familienstellen Bert Hellingers. Heidelberg (Carl-Auer).